Zur Entbehrlichkeit einer fristgerechten Schadensanzeige des Empfängers

OLG München, Urteil vom 16.03.2011 – 7 U 1807/09

Die fristgerechte Schadensanzeige des Empfängers nach § 438 Abs.1 HGB, Artikel 31 Abs. 4 MÜ (Montrealer Übereinkommen) ist entbehrlich, wenn der (Luft-)Frachtführer bzw. sein Erfüllungsgehilfe innerhalb der Anzeigefrist vom Schadenseintritt Kenntnis erlangt hat und in die Lage versetzt war, weitere Schadensfeststellungen zu treffen.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.12.2008 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 1.490,70 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit 10.7.2008 zu bezahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 99 % und die Beklagte 1 %. Die Kosten der Streithilfe trägt die Klägerin zu 99%, im übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen der Beschädigung von Frachtgut geltend.

Die Klägerin ist Warentransportversicherer der Firma O. Die Versicherungsnehmerin verkaufte über die Firma I. Office Systems Co. in Kairo/Ägypten zur Auslieferung an die Firma E. P.P. in Kairo zwei Druckerstationen VarioStream 7450 in einem Gesamtwert von netto 208.800,– € (vgl. Handelsrechnung vom 6.9.2007, Anlage K1). Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit dem Transport des Frachtgutes ab Poing nach Kairo, Ägypten, unter Zugrundelegung eines pauschalierten Frachtpreises. Die Beklagte, die ihrerseits die Sendung in ordnungsgemäßem Zustand übernommen hatte, verbrachte am 9.10.2007 das Frachtgut zur Firma A., dem Bodendienst der Streithelferin, der Fluglinie E. Air, die das Frachtgut in Empfang nahm.

Am 22.10.2007 wurde das Frachtgut nach dem Flug auf dem Flughafen in Kairo von der Firma ITS, einer Empfangsagentin der Beklagten entgegengenommen.

Dort wurden Schäden festgestellt. Die Örtlichkeiten und der Umfang der Schadensfeststellungen sind zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat als Versicherer der O. dieser in Höhe von 195.239,50 € Schadensersatz geleistet. Diesen Betrag zuzüglich Sachverständigenkosten verlangt sie nunmehr von der Beklagten zurück.

Das Landgericht hat ohne Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.

Das Landgericht führt aus, ein etwaiger Anspruch sei gemäß Artikel 31 Abs. 4 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) ausgeschlossen. Diese Vorschrift sei auch anwendbar, da nach § 452 a HGB das hypothetische Teilstreckenrecht im Sinne des § 452 Satz 1 HGB gelte. Die streitgegenständliche Beschädigung sei während der Teilstrecke Luftbeförderung eingetreten. Auch sei die nach Artikel 31 Abs. 2 MÜ erforderliche Schadensanzeige nicht fristgerecht erfolgt.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin führt aus, das Erstgericht sei zu Unrecht von einem Schadenseintritt auf der Luftstrecke ausgegangen. Das Erstgericht habe verkannt, dass die Klägerin explizit den Schadens- eintritt auf der Luftfrachtstrecke bestritten habe, dies müsse die Beklagte beweisen. Die Beklagte hafte wegen des qualifizierten Verschuldens nach § 435 HGB auf vollen Schadensersatz. Die summenmäßigen Haftungsbegrenzungen des MÜ seien nicht anwendbar. Die Beklagte habe ihren Geschäften die ADSp zugrunde gelegt. Der uneingeschränkte Hinweis auf die Geltung der ADSp bedeute einen Verzicht im Sinne von Artikel 25 MÜ.

Die Schadensanzeige (Anlage B 3) sei als ausreichend anzusehen. Sie habe dort auf die beschädigte Lieferung hingewiesen. Die Schadensanzeige sei zudem entbehrlich, da der Luftfrachtführer Kenntnis vom Schaden hatte.

Die Klägerin beantragt daher,

das Urteil des Landgerichts München I vom 23.12.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 198.169,95 € nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Schadensersatzanzeige sei hier unwirksam, sie sei bereits nicht von der Empfängerin ausgegangen. Die Schadensanzeige sei auch mangelhaft erstellt. Sie hätte über die Empfängerin lediglich Kenntnis von einem Schaden im Allgemeinen gehabt. Von einer detaillierten Schadensbeschreibung könne keine Rede sein. Die Teilstreckenhaftung nach § 452 a HGB komme zur Anwendung. Sie habe das Frachtgut in unbeschädigtem Zustand an die Firma A., die Bodenagentin der Streithelferin, der Fluglinie, zur Luftfracht übergeben.

Auf dem Flughafen in Kairo sei noch im Zollbereich, damit also im Obhutsbereich der Luftfrachtführerin die Beschädigung der Fracht festgestellt worden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen H. und K.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.2.2011 (Bl. 147/154 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 24.6.2009 (Bl. 114/116 d. A.) und vom 16.2.2011 (Bl. 147/154 d. A.), den Beweisbeschluss des Senats vom 10.11.2009 (Bl. 126/128 d. A.), abgeändert durch Beschluss vom 17.6.2010 (Bl. 138 d. A.).

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus übergegangenem Recht nach § 67 VVG a. F. in Verbindung mit § 452 a HGB, Artikel 18 Abs. 1, 22 Abs. 1 MÜ lediglich Schadensersatz in Höhe von 1.490,70 € verlangen. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch steht ihr nicht zu.

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Sie ergibt sich zudem aus der cessio legis nach § 67 VVG a. F.

2. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass der Vertrag als multimodaler Frachtvertrag zu qualifizieren ist. Die Haftung der Beklagten als Frachtführer ergibt sich danach aus dem einschlägigen Teilstreckenrecht.

a) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist, soweit zugesprochen, nicht mangels rechtzeitiger Schadensanzeige ausgeschlossen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob hier Artikel 31 Abs. 4 MÜ oder § 438 Abs. 1 HGB Anwendung findet.

Die hier erfolgte Schadensanzeige vom 23.10.2007 (Anlage B 3) wäre nach beiden Vorschriften nicht hinreichend deutlich. Danach muss die Anzeige von ihrem Inhalt her ausreichend konkret sein. Die Anzeige muss den Schadenssachverhalt mitteilen und grundsätzlich erkennen lassen, gegen wen Ansprüche geltend gemacht werden. Die Beschreibung der Beschädigung muss nicht ins Detail gehen. Es genügt, dass die Schäden aus der Sicht des Empfängers der Anzeige hinreichend erkennbar sind, nicht jedoch, dass lediglich schlechthin oder ins Blaue hinein eine Beschädigung gerügt wird (vgl. Koller Transportrecht 7. Aufl. § 438 HGB Rz. 31, Artikel 26 WA 1955 Rz. 12).

Die hier erfolgte Anzeige mit Fax vom 23.10.2007 genügt diesen Anforderungen in keiner Weise. Darin wird lediglich aufgeführt: „Unsere Lieferung mit o. g. Lieferscheinnummer ist in Ihrem Gewahrsam beschädigt worden.“

Allerdings kann sich die Beklagte auf den Ausschluss der Klage nicht berufen, da sie von dem eingetretenen Schaden bereits aufgrund der von der Firma ITS, d. h. ihrer eigenen Empfangsagentin getroffenen Feststellungen Kenntnis hatte.

Zweck des gesetzlich vorgeschriebenen Anzeigeerfordernisses ist es, dem Luftfrachtführer mittels einer schriftlichen Unterlage Kenntnis von dem Schaden zu geben und ihn in die Lage zu versetzen, weitere Schadensfeststellungen zu treffen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die ITS war unstreitig als Bodenagentin der Beklagten und damit als ihre Erfüllungsgehilfin tätig. Sie hat in Erfüllung ihrer Aufgabe, der Entgegennahme des Frachtgutes nach Ankunft auf dem Flughaften in Kairo die Beschädigungen am Frachtgut festgestellt, wie der Zeuge K. bei seiner Einvernahme glaubhaft bekundet hat. Dies ergibt sich zudem aus der vom Zeugen K. verfassten E-Mail vom 22.10.2007 (Anlage B 2). Die Kenntnis der Firma ITS. muss sich die Beklagte zurechnen lassen.

Der Zeuge K. gab zudem an, dass er sich an einen Riss im Karton erinnern könne, der Riss sei wohl derart gewesen, dass das Innere der Sendung beschädigt gewesen sei. Sie hätten damals auch einen Experten hinzugezogen, der das Paket geöffnet und Feststellungen bezüglich einer Beschädigung getroffen habe. Der Sachverständige habe sich damals geweigert, die Sache anzunehmen, deshalb hätten sie die Ware wieder exportiert.

Die Beklagte hatte damit bereits hinreichend Kenntnis vom Schadensvorfall, so dass eine weitergehende explizite Schadensanzeige ohnehin entbehrlich gewesen wäre. Die Beklagte war bereits ausreichend in die Lage versetzt, im Interesse ihrer im Raum stehenden Haftungsbefreiungsmöglichkeit der Schadenursache sachgerecht nachzugehen, wie dies offensichtlich auch bereits vor Ort durch einen hinzugezogenen Sachverständigen erfolgt ist (vgl. auch OLG München, 7 U 7322/93 = NJW-RR 1995, 672, OLG Hamburg Transportrecht 85, 117).

b) Weiter ist festzustellen, dass entgegen den Ausführungen des Erstgerichts zwischen den Parteien von Anfang an streitig war, ob die Beklagte die Fracht in unbeschädigtem Zustand an die Streithelferin übergeben hatte. Diesen Nachweis konnte die Beklagte hier führen.

Der Beklagten ist der ihr nach § 452 a Satz 2 HGB obliegende Beweis gelungen, dass die Beschädigung des Frachtguts auf einer bestimmten Teilstrecke, nämlich während der Luftbeförderung durch die Fluggesellschaft, die Streithelferin, eingetreten ist:

Die Beklagte nahm zunächst von der Klägerin das Frachtgut in unstreitig unbeschädigtem Zustand entgegen.

Nach Einvernahme des Zeugen H. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte das Frachtgut auch in unbeschädigtem Zustand an die Firma A., die Bodenagentin der Streithelferin, am 9.10.2007 in unbeschädigtem Zustand übergeben hat.

Der einvernommene Zeuge H. gab an, es sei in der Warentransportkette die Aufgabe der Firma A. gewesen, das Transportgut zum Vorfeld zur Beladung in das Flugzeug zu bringen.

Das Frachtgut sei von der Beklagten am 9.10.2007 in unbeschädigtem Zustand entgegengenommen worden. Der Zeuge erläuterte weiter den auf der Anlage B 9 (2) angebrachten Stempel mit dem Inhalt „Frachtannahme unter Vorbehalt“. Der Stempel sei von seiner Kollegin angebracht worden. Er beinhalte aber nur die Aussage, dass die Gefahrguteigenschaft noch nicht gecheckt worden ist. Wenn eine Beschädigung festgestellt worden wäre, würde dies in dem Stempel vermerkt. Ein Gefahrgut werde niemals als „OK“ gecheckt, wenn es beschädigt gewesen wäre.

Soweit sich die Klägerin auf Anlage B 4 beruft, wonach der Vermerk „beschädigt verladen“ angekreuzt ist, ist bereits fraglich, ob sich dies auf den Entladevorgang bei der Firma A. bezieht oder nicht erst auf das Eintreffen des Frachtguts in Kairo (wofür der letzte Zusatz „Oben genannte Sendung ist beschädigt in Kairo eingetroffen“ spricht).

Jedenfalls steht aber durch die Aussage des Zeugen H. fest, dass die Beklagte ihrerseits an die Firma A. als Bodenagentin der Streithelferin das Frachtgut in unbeschädigtem Zustand übergeben hat.

Die Angaben des Zeugen waren glaubhaft. Der Zeuge machte auf den Senat auch einen glaubwürdigen Eindruck. Der Zeuge war ersichtlich bemüht, den Vorgang korrekt wiederzugeben. Er zeigte keinerlei Belastungseifer.

c) Der Beklagten gelang auch der Beweis, dass die Beschädigung des Frachtgutes in dem Teilstreckenbereich erfolgt ist, in dem die Streithelferin als Fluggesellschaft für die Luftbeförderung zuständig war.

Der Zeuge K. gab an, er habe damals als Direktor bei der Firma ITS., einer ägyptischen Agentur auf der Beklagtenseite, gearbeitet. Bei der Entgegennahme der Fracht, der Entladung, hätten sie die Beschädigung eines Kartons festgestellt. Der gesamte von ihm geschilderte Vorgang habe sich innerhalb des Zollbereiches ereignet, die Ware habe den Zollbereich nicht verlassen.

Die Angaben des Zeugen K. waren glaubhaft. Der Zeuge machte auf den Senat auch einen glaubwürdigen Eindruck. Der Senat ist sich dabei durchaus bewusst, dass der Zeuge seit langen Jahren im Dienste der Beklagten tätig ist. Der Zeuge konnte gleichwohl nachvollziehbar darlegen, weshalb seine Erinnerung an den doch schon zeitlich lange zurückliegenden Zeitraum noch sehr gut war. Der Zeuge gab an, er könne sich deshalb daran erinnern, weil es der größte Schadensfall in seiner Verantwortung gewesen sei und viele E-Mails hin und her gegangen seien.

Da der Umschlag auf dem Flughafen nach der Phase des Entladens noch innerhalb des Zollbereichs noch Teil des Lufttransportes ist (vgl. Koller a. a. O. § 452 Rz. 15, BGH I ZR 135/98 = BGHZ 145, 170), steht fest, dass der Schaden an der Ware jedenfalls der Teilstrecke der Luftbeförderung, wofür die Streithelferin verantwortlich ist, zuzurechnen ist.

d) Bei der Ermittlung des hypothetischen Teilstreckenrechts gemäß § 452 a Satz 1 HGB ist darauf abzustellen, welche Vereinbarung die Parteien des Multimodalvertrages (§ 452 HGB) getroffen hätten. Haben sowohl der Warenversender als Auftraggeber als auch das mit der Besorgung des Transports beauftragte Speditionsunternehmen ihre Hauptniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland und ist keine engere Verbindung des hypothetischen Teilstreckenvertrags mit einem anderen Staat erkennbar, so kann daraus nach Artikel 28 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 EGBGB (a. F.) auf die Vereinbarung deutschen Rechts geschlossen werden (siehe BGH I ZR 151/04 = NJW-RR 08, 840).

Da vorliegend beide Parteien ihre Hauptniederlassung in Deutschland haben, bestimmt sich der Schadensersatzanspruch nach deutschem Recht.

Die Klägerin konnte nicht hinreichend darlegen, dass die Vorschriften der ADSp, dort Ziffer 27 ADSp die Beziehungen zwischen den Parteien regeln sollten.

Die Beklagte beruft sich nicht auf die Vorschriften der ADSp, insbesondere nicht auf die dortigen Haftungsbeschränkungen.

Die Klägerin verweist als Beweis für die Einbeziehung lediglich auf die Anlagen K 9, B 6 und B 8. Die Anlagen betreffen aber nicht den streitgegenständlichen Vertrag, so dass auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die ADSp auch im hiesigen Vertragsverhältnis Bestandteil werden sollten. Sonstigen Beweis hat die Klägerin nicht angeboten.

e) Damit ist zwischen den Parteien das Montrealer Übereinkommen (MÜ) anwendbar und die Beklagte nach Artikel 18 Abs. 1 MÜ zum Schadensersatz verpflichtet, allerdings schadensmäßig begrenzt nach Artikel 22 Abs. 3 MÜ.

Die Höhe des Schadens ist grundsätzlich von der Klägerin als der Geschädigten zu beweisen (vgl. Koller a. a. O. § 452 a HGB Rz. 4).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass auf dem Flugtransport bei der Ankunft in Kairo lediglich ein Karton beschädigt war.

Der Zeuge K. gab an, bei der Entladung die Beschädigung von einem Karton festgestellt zu haben. Er könne sich noch an zwei Kartons erinnern, einen großen und einen kleinen. Die Fracht sei seiner Erinnerung nach auf zwei Paletten verladen gewesen, er könne sich an einen Riss im Karton und auch daran glaublich erinnern, dass das Innere der Sendung beschädigt gewesen sein muss. Die Beschädigung sei am großen Karton gewesen. Der Zeuge K. gab auch an, die Sendung sei deswegen wieder zurückgeschickt worden.

Damit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass von den insgesamt gelieferten drei Kartons (vgl. Anlage K 3,K 4, ) zu einem Gesamtgewicht von 2.757 kg lediglich ein großer Karton beschädigt war.

Soweit das mit Anlage K 6 und K 7 vorgelegten Gutachten des Havariekommissariats D. GmbH vom 4.12.2007 und 15.2.2008 von einer Beschädigung von zwei Großpaletten mit drei Kolli spricht, ist zwar durchaus möglich, dass nach der Rückkunft der Fracht aus Ägypten an weiteren Kartons Schäden festgestellt worden sind.

Nach Einvernahme des Zeugen K. steht aber fest, dass bei der Ankunft der Sendung in Kairo lediglich ein Karton beschädigt war.

Letztlich kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass zusätzlich während des Rücktransports das Frachtgut weiteren Schaden genommen hat. Der Rücktransport fällt allerdings nicht mehr in den Verantwortungsbereich der Beklagten, so dass sie auch nicht für weitergehende Schäden haften muss. Die Beklagte ist daher lediglich zum Schadensersatz für die Beschädigung lediglich eines Kartons verpflichtet.

Seitens der Klagepartei fehlt zwar entsprechend substantiierter Vortrag zum Gewicht dieses beschädigten größeren Kartons. Gleichwohl ist auf der Grundlage der vorgelegten Anlagen die Schätzung jedenfalls des Mindestschadens möglich und auch geboten (§ 287 ZPO, vgl. BGH VIII ZR 332/07; II ZR 224/00; X ZR 222/98). Bei der Berechnung dieses Mindestschadens sind die vorgelegte Packliste (Anlage K 3) und die Übernahmequittung der Beklagten (Anlage K 4) heranzuziehen. Danach hatten zwei Paletten je ein Gewicht von 1315 kg und eine Palette ein Gewicht von 127 kg. Die beiden schweren Paletten hatten auch einen größeren Umfang (247cm, 117cm, 5,028 qm = Länge, Breite, Volumen). Die leichtere Palette hatte auch einen kleineren Umfang (120cm, 80cm, 1,344 qm = Länge, Breite, Volumen). Unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen K., dass ein größerer Karton beschädigt war, muss jedenfalls ein Karton mit dem Gewicht von 1315 kg beschädigt gewesen sein. Der Mindestschaden berechnet sich damit nach dem Gewicht eines großen Paketes von 1315 kg.

Die Schadensersatzhöhe richtet sich nach Artikel 22 Abs. 3 MÜ (Stand bis zum 31.12.2009). Danach haftet die Beklagte bis zu einem Betrag von 17 Sonderziehungsrechten für das Kilogramm. Nach Artikel 23 MÜ beziehen sich die Sonderziehungsrechte auf das vom Internationalen Währungsfond festgelegte Sonderziehungsrecht. Die Umrechnung dieser Beträge in Landeswährungen erfolgt im Fall eines gerichtlichen Verfahrens nach dem Wert dieser Währungen in Sonderziehungsrechten im Zeitpunkt der Entscheidung.

Im Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung am 16.3.2011 betrug der Wert des Sonderziehungsrechtes nach IMF (International Monetary Fund, Stand vom 15.3.2011) 1.133609.

Die Schadensersatzhöhe berechnet sich damit auf 1.490,70 € (1315 kg x 1.133609).

f) Zu weitergehendem Schadensersatz ist die Beklagte nicht verpflichtet.

Sie haftet insbesondere nicht unbeschränkt wegen eines qualifizierten Verschuldens. Die Bestimmungen der MÜ sehen keine unbeschränkte Haftungsmöglichkeit vor.

Soweit sogar zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass hier Ziffer 27 ADSp anwendbar sein soll, hat die Beweisaufnahme jedenfalls nicht ergeben, dass der Beklagten zumindest grob fahrlässiges Handeln vorzuwerfen wäre.

Der Zeuge K. gab an, schon bei der Entgegennahme der Fracht sei die Beschädigung festgestellt worden. Er wisse die Ursache der Beschädigung nicht, er gehe allerdings davon aus, dass nach dem Bild der Beschädigung dies beim Einladen mit dem Gabelstapler passiert sein müsse.

Selbst wenn aus der Aussage des Zeugen K. nicht hinreichend sicherer Beweis für die Schadensursache geführt werden kann, ist gleichwohl zu berücksichtigen, dass der Zeuge K. als langjähriger Direktor der Firma ITS, der Empfangsagentin der Beklagten, mit Schadensfällen auf dem Lufttransport vertraut ist.

Was letztlich die Schadensursache war, kann hier dahingestellt bleiben.

Jedenfalls hat die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast, soweit möglich und zumutbar, die näheren Umstände des Schadensfalles hinreichend vorgetragen und ihrer Einlassungsobliegenheit genügt (siehe BGH I ZR 128/06 = NJW-RR 09, 751).

Damit muss die Klägerin als Antragstellerin die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung des Frachtführers darlegen und gegebenenfalls beweisen. Diesen Beweis konnte sie nicht führen.

Der hier mögliche Schadenseintritt während der Verladung mit dem Gabelstapler lässt jedenfalls kein grobes Verschulden auf Beklagtenseite erkennen. Dass der Beklagten in sonstiger Weise ein grobes Fehlverhalten, gegebenenfalls durch einen Organisationsmangel, vorzuwerfen wäre, ist nach Einvernahme der Zeugen H. und K. jedenfalls nicht erkennbar. Für eine mangelnde Organisation des Betriebsablaufs, der keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet (siehe BGH I ZR 135/98), fehlen auch jegliche Anhaltspunkte.

Die weitergehende Haftung der Beklagten auf Artikel 27 ADSp scheidet damit mangels eines qualifizierten Verschuldens aus. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob durch die Bezugnahme auf die ADSp die gesetzlichen Vorschriften der Artikel 18, 22 MÜ überhaupt abdingbar sind.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin war daher lediglich in Höhe von 1.490,70 € zuzusprechen.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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